In eigener Sache: Dokąd idziesz, Polen.pl? Wohin des Wegs?

Menschen die zehn Jahre alt werden, stehen kurz vor der Pubertät. Dann wird es anstrengend, vieles ändert sich. Ob es mit Elf oder Zwölf losgeht, hängt ein bisschen vom Individuum ab; man sagt, auch vom Geschlecht. Meerschweinchen sind mit zehn Jahren in der Regel schon tot oder positiv formuliert: In einer nächsten Generation. Das war eine gedankliche Grundlage für ein Thema in eigener Sache: Quo vadis, Polen.pl — Dokąd idziesz oder wohin gehst du?

Redaktionstreffen im zehnten Jahr

Der Blog Polen.pl wird im Dezember diesen Jahres 10 Jahre alt. Und ob der Polen.pl-Blog eher der Spezies Mensch oder der der Meerschweinchen nachschlägt, war das beherrschende übergeordnete Thema unserer Redaktionskonferenz. Wir hatten uns dazu vom 20. bis 22.9.2019 in Słubice versammelt.

In den vergangenen Monaten ist auf den Seiten von Polen.pl viel passiert. Auf den ersten Blick sieht man davon leider wenig. Im Blog erscheint von Zeit zu Zeit ein neuer Beitrag, auf Facebook ist es mal trubelig, mal nervig unkonstruktiv, mal spannend, auf Instagram bleibt es bunt, auf Grenzenlos wird nach und nach von jugendlichen Erlebnissen in Polen berichtet und auf  Twitter wird hart geschossen. In unserem Verein Polen.pl laufen die Prozesse stabil, es gibt ganz schön viel Mailverkehr und Diskussionen.

Die redaktionelle Produktivität war jedoch wieder etwas in eine „pubertäre Phase“ zurückgefallen und unsere ursprüngliche Idee für Polen.pl rückte etwas in den Hintergrund. Oder um beim Meerschweinchen zu bleiben: war es so, dass Polen.pl schon auf dem Sterbebett lag?

Perfekter Rahmen

Słubice - Blick auf Frankfurt/Oder
Slubice – Blick auf Frankfurt/Oder

 

Słubice und Frankfurt (Oder) boten mit ihrer grenznahen Lage einen perfekten Rahmen für diese Diskussion. Bei sonnigem Wetter blickten wir über die Grenze auf das Odertal und erfreuten uns einer hervorragende Tagungsinfrastruktur mit kurzen Wegen. Freundlicherweise konnten wir unser diesjähriges Treffen im Collegium Polonicum, einem idealen Seminarort, durchführen. Ein knappes Dutzend Redakteurinnen und Redakteure, bzw. Autoren von Polen.pl waren dabei. Die aus Meerschweinchensicht als Dinosaurier bzw. als  jüngst Geschlüpfte zu beschreibenden Teilnehmenden stellten eine muntere Gruppe dar, die durch den Vereinsvorsitzenden Frank methodisch geschickt moderiert wurde.

Slubice - Gespräch Wojciechowski
Słubice – Frank im Gespräch mit Dr. Krzysztof Wojciechowski, CP-Verwaltungsdirektor

Ein Gespräch mit Herrn Wojciechowski, dem Verwaltungsdirektor des Collegium Polonicum, war für uns in jeder Hinsicht beeindruckend. Seine Ausführungen berafen die zentralen Herausforderungen, die Europa als Ganzes sowie insbesondere Deutschland und Polen zu bewältigen haben sowie das Verhältnis zwischen den beiden Ländern. Mit seiner scharfen Beobachtungsgabe, der Fähigkeit zur kritischen Analyse und einer geschliffenen und klaren Sprache, hatte Dr. Wojciechowski bald unsere Hochachtung erlangt. Gerne werden wir in Kürze in einem separaten Artikel über seine Bewertungen, prägnanten Aussagen und jede Menge interessanter politischer und gesellschaftlicher Analysen berichten. Und um zum Thema einer Weiterentwicklung von Polen.pl zurückzukehren: Dr. Wojciechowski bewertete unsere Arbeit als nützlich und wert, fortgesetzt zu werden. Dies hat uns sehr gefreut. Es war aus Sicht Motivation ein guter Einstiegspunkt für unsere Diskussion über das Wohin – und das Wie bei Polen.pl.

Jetzt steppt der “Erklär–Bär”

Auf Polen neugierig machen, Hintergründe von Entwicklungen darstellen, Besonderes hervorheben und Ängste vor dem Kontakt mit unserem Nachbarland abbauen; kurz: ein “Erklär–Bär” sein. Das ist nach wie vor das Interesse unserer ehrenamtlichen Redakteure. Es stellt sich aber trotzdem die Frage: Warum erscheinen im Vergleich zu früheren Jahren nur vergleichsweise wenig Artikel und warum greifen wir aktuelle  Themen eher verspätet auf?

Beide Erklärungsbilder, die der menschlichen Pubertät Pubertät oder des Aussterbens einer Generation bei den Meerschweinchen, helfen zu verstehen: Traditionell ist ehrenamtliche Arbeit, auch die für Polen.pl besonders in Jahren des Schulbesuchs und der Studien gut möglich. Anschliessend wird es schwieriger, die Zeit dafür freizuhalten. Dies gilt umso mehr, wenn eine eigene Familie mit Kindern gegründet wird. Daher wird deutlich, dass es nach zwei Generationen von Polen.pl–Aktiven (mit dem Vorstandswechsel vor einigen Jahren fand bereits ein erster Generationenwechsel statt) Zeit sein könnte, dass  eine dritte stärker in den Vordergrund tritt. Auch bei den Meerschweinchen wird eine Generation nur 6-8 Jahre alt; so sagen es mir Bekannte, die solche besitzen.

Aber auch die Phase der Pubertät kann als erläuterndes Bild herangezogen werden. Die Art der medialen Informationsvermittlung und das Erregen von Aufmerksamkeit bei den Lesenden hat sich in den letzten zehn Jahren verändert. Wer würde das bestreiten. Pure Texte in klarer Schrift mit ordentlichen Zwischenüberschriften gefallen uns nach wie vor, aber Tutorials, Videos, Instagrambilder, Messenger–Chats und andere Arten der Information und Kommunikation sind als Ergänzung etabliert und verändern – wie die Pubertät – den Blick auf die Welt.

Slubice - Brainstorming
Słubice – Brainstorming an der Tür

Wir haben sorgfältig analysiert, viel diskutiert, Lösungen erdacht, fantasiert, Visionen definiert und auseinandergenommen und dabei Spaß gehabt. Das Ergebnis: Unser “Erklär-Bär” soll leben. Wir möchten weiterhin im deutschsprachigen Raum über Polen informieren, berichten und erklären. Wir wollen auch unsere lebendige Vereinsgemeinschaft weiter pflegen; denn auch das wurde deutlich: Unabhängig von einem Bericht, einem Beitrag oder einer Veranstaltung von Polen.pl ist allein die interne Diskussion über deutsch-polnische Themen, die gemeinsame Auseinandersetzung und natürlich auch das jährliche Treffen ein Grund, das “Projekt” fortzuführen.

Was passiert?

Polen.pl ist in wenigen Wochen zehn Jahre alt. Es ist eigentlich kein Projekt; denn es besitzt kein vorbestimmtes Ende. Die Regelhaftigkeit, der “Betrieb” im Sinne der Bearbeitung interessanter Themen, der Auseinandersetzung mit wichtigen Sachverhalten und das Neugierigmachen werden wir mittels interner Koordination und publizistischen Projekten wieder stärker betonen. So sollen unsere neuen Autorinnen und Autoren stärkere Unterstützung erhalten. Es wird mit Hauke für eine erste einführende Phase einen “Chefredakteur” geben, der die Gruppe anleitet, diese publizistischen Projekte zu entwickeln und umzusetzen und der, zusammen mit anderen „Dinosauriern“, Hilfestellung beim Realisieren geben kann.

Wir werden uns in der Verwendung neuer Publikationsformate üben und bewährte, aber vernachlässigte wieder aufnehmen. Wo blieb zum Beispiel unser „Wort oder Bild des Monats“? Wo sind die Veranstaltungsberichte? Warum müssen es immer nur Texte sein? Können wir nicht auch bewegte Bilder als Clips integrieren?

Zudem möchten wir unsere Leserschaft stärker beteiligen. Wir werden versuchen, noch intensiver externe Autoren für temporäre Kooperationen zu gewinnen. Dies können unsere Leserinnen und Leser sein oder zum Beispiel auch polnische  junge Nachwuchsautoren, die uns etwas zu sagen haben. Wir können geliefertes auf Deutsch übersetzen und für die Publikation redigieren.  Wir denken, dass eine junge Leserschaft daran interessiert ist. Für sie möchten wir das Angebot gestalten.

Das Treffen

Slubice - Abendessen
Słubice –  Abendessen mit (vlnr) Frank, Jens, Natalie, Thomas, Hauke, Katharina und Anna

Mindestens einmal im Jahr trifft sich die Polen.pl-Redaktion, die aus ehrenamtlichen Mitarbeitern in Deutschland, Polen und der Schweiz besteht, an einem Ort mit deutsch-polnischem Bezug. Dieses Treffen ist der Höhepunkt des Polen.pl-Jahres, weil es nicht nur unglaublich viel Spaß macht, sich nach vielen Skypegesprächen (ohne Videobild) wiederzusehen, sondern auch um neue Motivation für Projekte, Ideen und konkrete Artikel oder Veranstaltungen von Polen.p zu tanken. Wer Polen.pl kennenlernen möchte, sich dafür interessiert oder sich vorstellen kann, mitzumachen, sollte unbedingt mal hier nachschauen: Hier melden!

Einige Fotos von der Redaktionskonferenz (Fotos: Natalie Junghof)