Deutsch-Polnische Beziehungen 2.0: GdpN-Sąsiedzi

Christian Schmidt hat vor einigen Jahren die GdpN-Sąsiedzi mit gegründet: Das ist ein Verein, der nur und ausschließlich für die deutsch-polnische Verständigung da ist. Gerade in dieser Zeit scheint solchen Initiativen eine ganz besondere Bedeutung zuzukommen. Wir sprachen mit ihm:

Polen.pl: GdpN Sąsiedzi: Das ist die Organisation, deren Vorstandsvorsitzender Du bist. Kannst Du in drei Sätzen beschreiben, was Euch ausmacht?

Oh, in drei Sätzen etwas zusammenzufassen, wo ich eigentlich eine halbe Stunde reden könnte, das ist eine Herausforderung. Aber gut, ich versuche es: Wir sind eine tatsächlich deutsch-polnische Organisation, also in Deutschland und Polen vertreten, haben Mitglieder aus und in beiden Ländern. Wir sehen uns als gestaltenden Teil der Gesellschaft.

Und wir schaffen Begegnungen in beiden Ländern. Wir machen mit jeder Aktivität Deutschland in Polen und Polen in Deutschland bekannter.

Dabei nutzen wir unterschiedliche Formate und Ideen. Wichtig ist eben, dass etwas getan wird und wir uns auf Augenhöhe begegnen.

Waren das jetzt drei Sätze?

 

Polen.pl: Was hat Dich bewogen, GDPN Sasiedzi mit zu gründen? Es gibt doch bereits viele deutsch-polnische Initiativen?

Stimmt. Ein Teil der Gründungsmitglieder kam sogar aus einer deutsch-polnischen Organisation. Einige von ihnen hatten damals vor, die damalige Organisation weiter zu entwickeln. Das gelang nicht. Naja, dann kam jemand auf die Idee, doch einen eigenen Verein zu gründen. Das war vor nun schon sieben Jahren. In der GdpN-Sąsiedzi konnten wir dann unsere Ideen verwirklichen. Und wir machen doch recht viel,  ganz ehrenamtlich und bisher ohne irgendwelche Fördergelder. Ich denke, das kann sich sehen lassen.

Polen.pl: Was sind die größten Hürden bei Eurer Arbeit?

Die Zeit, die jedem ehrenamtlich Tätigen zur Verfügung steht. Eine andere Herausforderung ist die Nachwuchsgewinnung. Das geht wohl jedem Verein so. Junge Menschen sehen nicht die Chancen, die sie haben, wenn sie sich in einem Verein engagieren. Bei uns kann man viele Erfahrungen sammeln, die für das Leben oder den Beruf durchaus nützlich sein können. Ich selbst habe vieles gelernt und ausprobiert, was mir im Leben sehr nutzt. Ob das das Organisieren, das Leiten von Organisationsteams oder einfach nur die Erfahrung ist, dass man Visionen durchaus umsetzen kann. All diese Erfahrungen können wir vermitteln und jeder kann sich quasi schadlos ausprobieren.

Polen.pl Wie gelingt es, Eure Ziele in die echte Welt zu bringen? Was war bisher Euer schönstes Projekt?

Christian Schmidt, GdPN-Sasiedzi
Christian Schmidt bei einem Gespräch in einer Schule in Konstancin-Jeziorna, einem Vorort von Warschau mit Joanna Janecka, Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft

Nur mit Engagement und Optimismus. Beides ist wichtig, denn nicht immer klappt alles so, wie man sich das vorstellt. Und wenn dann ein paar Leute mit gutem Willen an einem Strang ziehen, dann läuft es meistens gut. Das schönste Projekt kann ich gar nicht benennen. Wir organisieren Reisen, Podiumsdiskussionen, Treffen, Freizeitgestaltung usw. alles im deutsch-polnischen Kontext. Also viele Projekte, die unterschiedliche Qualitäten haben und für sich zu bewerten sind.

Wichtig dabei sind die Augenblicke der zwischenmenschlichen Begegnungen, die zwischenmenschliche Nähe vermitteln, die sich manchmal unerwartet während der Reisen oder der Treffen entstehen.

Wir sind offen, Neues auszuprobieren. So habe wir beispielsweise Andrzejki-Feiern in Potsdam organisiert, was wirklich sehr gut lief. In diesem Jahr hatten wir dann in Potsdam den Oppelner Schriftsteller Tomasz Różycki bei einer Lesung zu Gast, die mit einem Partnervereinen organisiert und finanziert wurde. Das Außergewöhnliche war das leckere polnische Buffet im Anschluss und die Party danach, auf der ich hauptsächlich polnische Musik aufgelegt hatte.

Zum anderen sind es aber auch die Followerzahlen unser deutschsprachigen oder polnischsprachigen Facebook-Seiten, auf denen wir aktuelle Infos veröffentlichen.

Ein schöner Moment war für mich in diesem Jahr auch der doch spontane Besuch einer Schule in einem Warschauer Vorort, der durch die Deutsche Botschaft unterstützt worden war. In der Schule hatte ich mich und eine Mitarbeiterin der Botschaft mit Schülern über Berufe und auch gesellschaftliches Engagement unterhalten.

Eine der ersten Aktionen, auf die wir stolz sind, war die Schaffung der Möglichkeit polnischsprachiger Führungen durch den Brandenburger Landtag in Potsdam. Das haben wir initiiert. Leider habe ich letztens erfahren, dass der Landtag diese Möglichkeit für polnische Reisegruppen wieder gestrichen hat. Kein schönes Signal. Aber da sind wir dran. Vielleicht kann man das ja wieder rückgängig machen.

Nun ja, ein insgesamt schönes Projekt ist auch unsere Reihe der deutsch-polnischen Gespräche, die wir schon von Anfang an einmal im Monat in Potsdam durchführen. Dazu lade ich immer einen interessanten Gast ein, mit dem man ins Gespräch kommen kann. Ach ja, und nicht zu vergessen: Unser Podcast-Experiment „Mit Polen auf Du und Du“. Das ist auch ein schönes Projekt und macht wirklich Spaß. Mal sehen, wie sich das noch entwickelt.

Also, man kann viel machen und wir machen es. Mir macht das einen riesen Spaß und es motiviert mich immer wieder auf’s Neue.

Polen.pl: Ist Euer Verein politisch?

Jede gesellschaftliche Aktivität ist irgendwo politisch. Jedoch sind wir insgesamt politisch weitestgehend neutral, wenn auch die europäischen Grundwerte Leitgedanken sind. Wir würden bspw. mit allen Stiftungen demokratischer Parteien zusammenarbeiten. Mit dreien davon sind wir gerade wieder im Gespräch. Durch die Corona-Pandemie sind Veranstaltungen kaum noch durchführbar und so richtig klar ist nicht, wann man verantwortungsvoll wieder Veranstaltungen durchführen kann. Letztlich muss man auch sehen, dass das interessierte Publikum häufig aus der Risikogruppe kommt. Sehr schade ist die Corona-Einschränkung, weil doch ganz spannende Projektideen bestehen.

Polen.pl: Wo siehst Du GDPN Sąsiedzi in fünf Jahren?

Eine gute Frage, die ich so ohne Weiteres nicht beantworten kann. Die Erfahrung lehrt, dass vieles anders kommt als man denkt. Vielleicht sage ich, was ich mir wünsche. Noch ein paar mehr Menschen, die Lust haben sich zu engagieren, ob in Deutschland oder Polen.

In Polen sind wir gesellschaftlich noch nicht so aktiv wie in Deutschland, auch wenn unsere polnischen Mitglieder mit großem Engagement Kajak- oder Radtouren organisieren und wir uns auch dort oder hier treffen. Ansonsten wünsche ich mir, dass es so weitergeht und Ideen verwirklicht werden können. Es bleibt also spannend.

Polen.pl: Was wünschst Du Dir für die Zeit nach den Pandemie-Einschränkungen?

Ganz klar: Das man sich wieder treffen kann und es möglich ist, unsere Ausflüge nach Polen durchzuführen, denn sie bedeuten Begegnung und das Kennenlernen von Menschen aus unserem Nachbarland. Aber auch, dass die jetzt erprobten Video-Treffen uns erhalten bleiben, weil sie eine Bereicherung sind und wir letztlich den Vorteil ausspielen können, dass wir deutsche und polnische Mitglieder haben, die wir nun damit intensiver in Kontakt bringen können. Letztlich ist es wichtig, dass sich Menschen begegnen, sich kennen- und schätzen lernen.

Polen.pl: Vielen Dank. Wen das neugierig gemacht hat, der findet auf der Internetseite des Vereins nicht nur den Podcast (wirklich toll), sondern auch die Termine und die Möglichkeit, einfach mal etwas mitzumachen. Es lohnt sich, finden wir.